Kaufleuten, Zürich 19.10.2006 |
Herbst, die beste Jahreszeit für Konzerte, wie sie Hooverphonic geben: ruhige, fliessende Melodien. Zauberhafte Akkorde, düstere Bässe. |
Um kurz nach 20 Uhr erlosch das Licht des Kaufleutensaales. Acht einzelne Glühbirnen hingen über der Bühne an langen Kabeln von der Decke. Rauchmaschinen deckten das Setting mit ihren Schwaden zu und goldgelbes Licht bahnte sich seinen Weg durch den Dunst. Die erste halbe Stunde war eher ruhig, beinahe intim. Anfangs hatte Geike Arnaert, die Stimme der belgischen Band, oft mit der zu lauten Musik zu kämpfen. Mit der Zeit konnte sie jedoch immer mehr an Volumen gewinnen und sang sich klar über das Instrumentarium hinweg. Fünf Musiker umrandeten die charismatische Sängerin. Zur linken und rechten Seite Gitarre und Bass. Hinten, leicht erhöht platziert: Violine, Drum und Keyboard. Zusammen strickten sie den Klangteppich, der die reichlich anwesenden Besucher gut zwei Stunden lang unterhielt. Geike trug ein moosgrünes, sehr kurzes Kleid, kombinierte dies mit braunen Stiefeln und grossmaschigen Strümpfen. Um den Oberschenkel schnürte sie sich ein Lederband, an dem dutzende dünne Fetzen hinunterhingen. Während dreier Songs (Eden, Vinegar & Salt, Magenta) stand Geike nur mit dem Keyboarder bzw. Geigenspieler auf der Bühne und musste mit den Tränen kämpfen. Vor allem Vinegar & Salt war intensiv. Zerrissen von ihren Gefühlen sang sie sich durch die leisen Klänge der Musik. Hier wirkte ihr Accessoire, welches sie sich um das Bein gebunden hatte, wie ein Bussgürtel zur Selbstkasteiung. Selten erlebt man an einem Konzert solch eindringliche Gefühle. |
Die Bühne war durchweg von Rauch überzogen. Geike wurde nicht selten von fünf am Boden liegenden Scheinwerfer angeschienen, welche sich direkt neben ihr befanden. Der emporziehende Rauch komplettierte das düstere Bild. Die ersten Lieder stammten allesamt von ihrem aktuellen Album (No) more sweet music. Als plötzlich grelles Licht erstrahlte und Alex Callier, der Bassist, tief in die Saiten griff, tobte das Publikum. Jackie Cane dröhnte aus den Boxen und viele Besucher klatschen zu den countryähnlichen Akkorden. Alex Callier blühte auf. Nachdem er die erste halbe Stunde mit riesigem Schmollmund still vor sich hingespielte hatte, heizte er nun das Publikum richtig an. Er liess uns das nächste Lied anzählen und Geike im Chor unterstützen. Ab nun fand ein reger Austausch zwischen den Zuhörern und den Interpreten statt. Gefallen fand das Publikum vor allem an den instrumentalen Stücken, bei denen die einzelnen Bandmitglieder ihre individuelle Stärke zeigten. Auffallend war der Violinist, welcher Geike während einem Lied solo begleitete. Die Töne seines Instruments wanden sich beruhigend durch den ganzen Konzertsaal. Nach mehr als einer Stunde verabschiedeten sich Hooverphonic. Als sie de letzten Takte der fünfzehnminütigen Version von You hurt me spielten, verdunkelte sich der Bühnenraum langsam. Einzig der Rauch nebelte die Bühne noch ein. Bald standen die sechs wieder auf dem Parkett. Nach zwei Zugaben verliessen sie die Besucher wieder. Nach drei erneuten Zugaben gingen sie wieder von der Bühne, standen aber bald wieder mitten auf ihr. Mit Ginger beendeten Hooverphonic ihr Konzert. Hooverphonic baute das Konzert gekonnt auf. Langsame Lieder folgten auf energische Nummern. Mal stand Geike allein am Mikrophon, mal wurde sie von Alex unterstützt. Dieser unterhielt bestens. Spielte mit seinem Bauch und Hintern auf einem Moog Voyager Electric Blue den Schlussteil von You hurt me, scherzte mit dem Publikum und zog gegen Ende des Konzerts sehr lasziv sein leopardenbemustertes Traineroberteil aus. Geike und er ergänzten sich wunderbar. Die scheue blonde Sängerin und der energische schmalzlockentragende Bassist neckten sich oft. Ein wunderschönes Konzert ist zu Ende. Eben noch gefangen in der perfekten Symbiose von Musik und Licht gewöhnte man sich langsam wieder an die kühlen Temperaturen der Nacht. Hooverphonic schenkte uns eine warme Insel im kargen Herbst. Setlist: You Love Me to Death (grimsey) |
Kommentare von anderen Konzertbesuchern |
24.10.2006 toll einen solchen bericht zu lesen, wenn man selber nicht am konzert war! mich würde noch interessieren (hab die band auch schon mehrere male gesehen) wie denn songs wie -2 wicky- oder auch -jackie cane- auf dieser tour live umgesetzt wurden! gewohnt "un-triphop-ig" und von den albumversionen abweichend, oder haben sie das publikum wieder einmal mit ein wenig mehr beats verwöhnt? d. |
04.12.2006 untriphoppig und abweichend, wie gwohnt :) asschams |
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