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KONZERTBERICHT: Sigur Rós

Southside-Festival 21.06.2003


Festivals sind unbestritten etwas sehr besonderes, sowohl für die Musizierenden als auch für die Zuschauenden. Die Künstler erhalten durch Festivals die Möglichkeit, neben den überzeugten Fans auch diejenigen Menschen zu erreichen, die sich bisher noch nicht mit ihrer Musik zu identifizieren vermochten. Für uns normale Popkonsumenten bedeuten Festivals einerseits, auf einem kleinen Raum in den Genuss von verschiedenen hochkarätigen Bands zu kommen. Andererseits bedeuten sie auch für viele Menschen, einfach mal ein bisschen „Party zu machen“. Der dritte Prototyp eines Festivalbesuchers ist derjenige, der sowohl wegen der Musik als auch wegen der Party auf dem Gelände anwesend ist; er verkörpert also quasi eine Schnittmenge von beidem. Auf mich persönlich trifft zweifellos ersteres zu, auch wenn es mir oft vorkommt, als ob ich andauernd ein Bier in den Händen hielte.

 

Da das Southside-Festival mittlerweile auch zu den schon fast obligatorischen Anlässen in den Veranstaltungskalendern der Musik-Liebhabenden gehört, trifft man auf dem Areal unweigerlich auf diese drei verschiedenen und doch fast identischen Typen von Festivalbesuchern.   

 

Viele von ihnen sind sehr wahrscheinlich wegen Radiohead nach Neuhausen ob Eck gepilgert um auf einem Flugplatz im baden-württembergischen dem musikalischen Evangelium Thom Yorke’s zuzuhören und um die frohe Botschaft weiterzuverkünden. Natürlich, auch ich habe hauptsächlich wegen den Radioköpfen die nicht kurze Anreise auf mich genommen und habe mich wegen ihnen von den frühen Morgenstunden an der prall scheinenden Sonne ausgeliefert.  

 

Glücklich kann sich schätzen, wer auf die Idee gekommen ist, irgendwo einen schattigen Platz zu suchen. Dies ist jedoch auf einer Flugpiste nicht so einfach. Auf jeden Fall bin ich sehr froh, dass ich ein bisschen jenseits des Geländes, dass übrigens auch eine vorzügliche Plattform für Freakshows jeglicher Art ist, einen Schatten spendenden Baum gefunden habe um ein wenig die inhumanen UV-Strahlen zu meiden und um mich ein wenig abseits des Festival-Rummels auszuruhen. 

 

Die bisweilen grandiosen Konzerte und die gute Ambiance im Publikum haben einen aber sicherlich für Sonnenbrände, die man sich durch den Tag holte und für den Schüttelfrost, unter dem man in den kalten Nächten zu leiden hatte, entschädigt.   

 

Angeblich soll die Nacht von Samstag auf Sonntag auch so kalt gewesen sein. Als ich jedoch das Konzert von Coldplay frühzeitig verlassen habe um mich Richtung Zeltbühne aufzumachen, war die Temperatur noch von freundlicher Art, nicht zu warm, aber auch nicht zu kalt.

 

Ankommend in der Zeltbühne, in der es spät nachts immerhin noch mild war, habe ich festgestellt, dass verhältnismässig wenige Leute ausharrten um auf die meiner Meinung nach schönste Musik der Welt zu warten. Ich wollte diese Situation ausnutzen und habe mich irgendwo vorne in der Zeltbühne hingepflanzt und habe nur noch andächtig auf das Konzert gewartet, auf das ich mich neben Radiohead und vor allem durch die nach wie vor in meinem Gedächtnis umherschwirrenden Erinnerungen an das fulminante Konzert von ihnen im Fri-Son am meisten gefreut habe: Sigur Rós. 

 

Die Zeit wollte irgendwie nicht richtig vergehen. So habe ich angefangen zu beobachten, was so alles in meiner Umwelt geschieht. Wenn man seinen Blick auf die Bühne richtete, konnte man sehen wie die Tourbegleiter die zahlreichen Instrumente stimmten. Ich habe mir gedacht, wenn sie schon so einen professionellen Soundcheck hinlegen, dass das hoffentlich bald folgende Konzert wieder die sphärische Grösse annehmen wird wie dasjenige damals am 12. Oktober 2002 im Fri-Son. Wenn man das Publikum beobachtete, das in der Zwischenzeit sehr wahrscheinlich immer mehr von dem zu Ende gegangen und sicher auch sehr guten Konzert von Coldplay zur Zeltbühne strömte, konnte man feststellen, dass sich eben jene Bühne zu einem Refugium von den verschiedensten Menschen verwandelt hat: vom italienischen Kommunisten über zum globalisierungskritischen Rucksacktouristen, vom Trainingsjackenträger-Typen (einschliesslich meiner Wenigkeit....) bis zum Neo-Grunge-Kid, von den verträumten Frauen und Männern bis hin zu den gefühlslosen und apathischen Philanthropen, von dem Indie-Pop-Kenner bis hin zu den Menschen, die völlig keine Ahnung haben, wie ihnen gleich geschehen wird, sobald die ersten ausserirdischen und nie für möglich gehaltenen Klänge ertönen. 

 

Nachdem ich gesehen habe, dass bei der Hauptbühne die Scheinwerfer nun schon eine gewisse Zeit lang gleich stark leuchteten, war mir klar, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir hoffentlich wieder Zeuge von etwas Grossem werden. Die Zeltbühne war mittlerweile auch gut gefüllt mit Menschen. Die Tourbegleiter verschwanden auch kontinuierlich von der Bühne. Die Spannung stieg zusehends.  

 

Dann ist es soweit gewesen: Die Elfen kommen.  

 

Es ist längst 1 Uhr gewesen, als die Isländer unter tosendem und doch nicht zu aufdringlichem Beifall die Bühne betreten. Ich habe mir an das Konzert sogar einen kleinen Notizblock mitgenommen um festzuhalten, welche Lieder sie zum Besten geben. Doch ich bin so viel ich weiss nicht auf den Kopf gefallen und habe festgestellt, dass es erstens in der Dunkelheit nicht so einfach ist zu schreiben und zweitens, dass das Dokumentieren eines Sigur Rós-Konzertes ohnehin ein von Vorneherein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen ist, da es nicht gut möglich ist, dieser orchestralen Traummusik zuzuhören und sich von ihr mit auf eine Reise über die karge Vulkanlandschaft Islands oder in andere phantastische Traumlandschaften einzuladen und gleichzeitig etwas völlig belangloses in seinen Notizblock niederzukritzeln um so etwas wie einen Konzertbericht für die Nachwelt schreiben zu wollen.  

 

Ich habe es trotzdem versucht und schrieb mir die Lieder auf, die ich kenne. Mir kommt es aber vor, als ob sie auch neue Songs oder jedenfalls Songs gespielt haben, die sich nicht auf Agaetis Byrjun oder ( ) befinden und das sind die einzigen beiden Alben, die ich von meiner Lieblingsdroge Sigur Rós mehr oder weniger kenne. 

 

Die Gruppe um Jon Thor Birgis-son haben auch sogleich mit einem wahrhaftig ausserirdischen Präludium ihr Konzert begonnen. Sie entzückten die Masse mit dem ersten Song von ( ). Da die Lieder vom neuen Album ja allesamt keinen Titel habe, kann ich auch keinen solchen bekannt geben. Titel sind aber auch gar nicht nötig um diese engelsgleichen Klänge und Worte, die aus Jon Thor’s mit Geigenbogen gestrichener Gitarre beziehungsweise aus seinem Mund dringen, zu beschreiben.

  

Die Erwartungen des Publikums (so auch meine....) sind nach dem Abklingen des letzten Akkordes des ersten Liedes schon befriedigt worden. Die Band und das wiederum unentbehrliche Orchester konnten jetzt zur Kür starten und die Zuschauer in spacige Gefilde befördern, von denen wir nicht einmal wussten, dass es sie überhaupt gibt. Als zweites Stück präsentierten sie das grossartige dritte Lied von ( ). Es ist unbeschreiblich wie harmonisch die Musik von der Bühne auf uns Normalsterbliche niedergerieselt ist um uns in ihre Klangwelten von unendlichem Ausmass aufzunehmen um eins mit ihr zu sein. Wenn ich die Augen gerade mal nicht geschlossen hatte, so habe ich gesehen, dass die Leute um mich von diesem märchenhaften Zauber auch entzückt gewesen sind. 

 

Den dritten Titel, den Sigur Rós vorspielten, habe ich nicht gekannt.. Nichtsdestotrotz war auch diese Nummer ein Geschenk und ich fragte mich, wieso ausgerechnet ich so was himmlisches verdient habe. Ich bin doch bloss ein privilegierter Mensch der nördlichen Hemisphäre, der durch sein Konsumverhalten dafür verantwortlich ist, dass das Gefälle zwischen Reich und Arm, Nord und Süd immer grösser wird. Ich bin ein elender Bastard, der nichts weniger verdient hat, als einem solchen grandiosen Festival-Konzert beizuwohnen.  

 

Diese Schuldgefühle sind aber doch rasch wieder verflogen, da ich keine Zeit hatte, mir über solche Sachen Gedanken zu machen. Das Konzert ging schliesslich weiter. Am nächsten Tag habe ich festgestellt, dass ich ausgerechnet einen Kugelschreiber benutzt habe, dessen Tinte nur für die ersten drei Lieder gedient hat. So habe ich dank meinem schlechten Kurzzeitgedächtnis keine Ahnung mehr, welche Songs die Elfen-Combo unseren Seelen und Herzen noch gegönnt hat. 

 

Ich weiss nur noch, dass sie auch Olsen Olsen von Agaetis Byrjun gespielt haben. Natürlich war es toll, diesen herrlichen Song zu hören. Wenn ich ihn höre, fühle ich mich immer wieder in die Figur des Krümel Löwenherz (nein, nicht in die des Jonathans....) vom Buch Die Brüder Löwenherz von Astrid Lindgren versetzt. So als ob ich in Nangijala in das alte gemütliche Wirtshaus zum „Goldenen Hahn“, aus dessen kleinen Fenstern ein anheimelnder Lichtschein leuchtet, eintreten würde (das neue Radiohead-Clip zu There There bringt meine märchenhafte Metaphern wohl besser zur Geltung....). 

 

Als sich der wahr gewordene Traum nach einer längeren Spielzeit schon dem Ende zuzuneigen begann, spielten Sigur Rós als Zugabe das insbesondere live noch mehr fesselnde achte Lied von ( ). Die isländischen Kobolde demonstrierten wiederum, dass man sie in keine Schublade stecken kann, denn das Schlagzeug mit seinem treibenden Beat erinnerte mich bisweilen mehr an eine Indie-Rock-Band als an eine Band, die durch ihre Songs den Frieden und die Natur zu vertonen versuchen. Dieser Song war selbstverständlich ein würdiger Abschluss einer grossen Show und er setzte dem i definitiv noch das Pünktchen drauf. 

 

Nach der obligaten Verneigung der ganzen Band und dem Orchester vor der schier aus dieser Welt geflohenen Menschenmenge wurde es leider wieder Zeit, auf den Boden der Realität zurückzukehren und sich wieder in den trüben Festival-Alltag einzugliedern. Für einen Moment bin ich einfach nur noch dort stehen geblieben und dachte, wie schön doch das Leben ist und wie schön überhaupt alles auf dieser Welt ist. 

 

Leider rückten einem schon nach einer kurzen Zeit nach dem Konzert die martialischen Securitas auf die Pelle um die Leute weg vom Festivalgelände auf den Campingplatz zu befördern. Natürlich, das ist ihr Job. Doch so leicht liessen wir uns, es waren vor allem hauptsächlich Schweizer und Schweizerinnen..., nicht wegzwingen. Ein paar Leute haben noch angefangen, auf Schwyzerdüütsch Lieder anzustimmen und so entwickelte sich vor dem gespannten Band, dass die Securitas hinter uns herzogen um uns so nach draussen zu speditieren, quasi noch eine Volksfeststimmung.  

 

Wenn es etwas an diesem Konzert am Southside zu bemängeln gäbe, dann wäre es sicher die Tatsache, dass sie die vom Publikum vielleicht eher erwartenden Songs von Agaetis Byrjun, wie beispielsweise Ný Batterý, Svefn-G-Englar, Hjartaô Hamast oder auch Viôrar Vel Til Loftárása, nicht gespielt haben. Mein Fazit von diesem Konzert ist aber trotzdem durchwegs positiv. Der Southside-Gig mag meiner Meinung nach das Wasser dem Konzert im Fri-Son zwar nicht ganz reichen, aber ich finde, für eine Festival-Show ist er ein grossartiges musikalisches Ereignis gewesen.

 

lukin (stefanjungo@gmx.ch)




Kommentare von anderen Konzertbesuchern

28.06.2003
die playlist war übrigens folgende (aus dem forum) vaka samskeyti milano göng olsen olsen hafssol gitardjamm (neuä song, jonsi mit amina) popplagid
 
frigg
29.06.2003
danke für den super konzertbericht. habe dem sigur aufritt am southside auch beigewohnt. es war göttlich, ich harrte, zum möglichst weit nach vorne zum kommen, den ganzen tag im zelt aus...! aber wegen dem geilen programm, war dies mehr als erträglich...!
 
feer michael
30.06.2003
popsong isch mer eifach sooo igfahre, es isch es wunderschöns erläbnis gsi
 
nici
15.09.2003
Da kann man einfach nur noch göttliche Worte aussprechen: Es war so genial wie ich es erwartet habe. Die streichenden melancholischen Klangwellen bereicherten meinen Hörsinn derart, dass ich mich sogleich müde, ziemlich abdriftend als auch beflügelt fühlte. Ich dachte bis dahin so etwas sei unmöglich.... Sigur Ros ist eine der allerbesten Bands dieses Planeten!!!!
 
Luca
06.07.2004
sehr guter bericht. ich kenn sigur ros seit meinem 13 lebensjahr. es war eines der wenigen konzerte andem all meine erwartungen erfüllt, in dem fall übertroffen worden sind. ps: ich hab das konzert aufgenommen
 
mifr

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