Portrait KTL |
KTL - KTL 2 (15.05.07 / Editions Mego) Wenn Doom Metal der Songstruktur, des Schlagzeugs, der erkennbaren Gitarrenriffs und der Stimme beraubt wird und nur noch minimalistische, langsame, sehr tiefe und atmosphärische Klangmuster übrigbleiben, spricht man gemeinhin von Drone, einer sehr randständigen und gerade deshalb kultverwurzelten Stilrichtung. Die Definitionsnähe zum Metal scheint dabei völlig willkürlich und eher historisch als klanglich begründet - ebenso gut könnte hörerseitig von stark verlangsamtem Post-Rock oder hartem, experimentellem Ambient die Rede sein, sind doch kaum mehr einzelne Instrumente in ihrer Ursprungsklangfarbe auszumachen und oftmals sehr verfremdende, manchmal elektronische, computergenerierte Effekte und Klänge hinzugekommen. Die Atmosphäre der Musik lässt sich mit einem Wort auf den Punkt bringen: düster. Ohne Erbarmen düster. Die bekanntesten Exponenten des Genres sind wohl Earth sowie die Band Sunn O))), die ursprünglich zu deren Tribut gegründet wurde. Wer schon aufgrund der Attribute "düster", "atmosphärich" und "manchmal elektronisch" eine entfernte Wesensverwandschaft zum Trip-Hop erkennt, wird vielleicht weniger überrascht sein, dass diese beiden Drone-Protagonisten Earth und Sunn O))) von Portishead an das anstehende Festival "Nightmare before Christmas" eingeladen wurden. Nun zum eigentlichen Release, der ebendiesem hier umrissenen Genre zuzuordnen ist: Das Drone-Duo KTL besteht aus Sunn O)))-Mitglied Stephan O'Malley und Peter Rehberg (Pita), der in der Experimental- und Noise-Elektronik verwurzelt ist. Mit "KTL 2" legen sie ihren Zweitling vor, der aus vier 10- bis über 25-minütigen Stücken besteht und ganz im Sinne der gegebenen Drone-Defintion in den tiefen Lagen des Klangspektrums angesiedelt ist: Es dröhnt, flirrt, brummt und beklemmt die Seele, wobei ähnlich wie beim Post-Rock nach der Machart von Bands wie Godspeed You! Black Emperor oder Mogwai sehr gedrückte, monoton-ruhige Parts zuweilen in schon fast euphorische, schrille Ausbrüche münden - mit dem Unterschied, dass das Ganze noch radikaler umgesetzt und für viele wahrscheinlich unhörbar ist; vergleichbar vielleicht mit der Lebensfeindlichkeit einer extraterrestrischen Gerölllandschaft. Die Intensität, die aber durch diesen Dynamikwechsel von ruhig zu ekstatisch über sehr lange Zeit aufgebaut wird, ist gerade im 27-minütigen "Theme" unglaublich gross. Das nur unwesentlich kürzere "Abattoir" stellt hingegen mit seinen übereinandergelegten, verzerrten Wummer- und Gitarrenwänden eine Herausforderung an das nach Abwechslung heischende Ohr dar - hier wird begreiflich, dass diese Musik für beschauliche Hintergrundrezeption im Wohnzimmer weder gedacht noch geeignet ist: KTL bildet nämlich zumindest ursprünglich die musikalische Grundlage für eine Theaterproduktion namens Kindertotenlieder, ausgeführt von Gisèle Vienne and Dennis Cooper. Zudem schwören eingefleischte Genre-Kenner, dass Drone seine Wirkung erst in der Live-Erfahrung voll entfaltet, wenn Bassklänge und Dröhnereien Haut, Haar und Zwerchfell erfassen - das glaubt man gern und auf eine solche Lektion von den zwei erwähnten Genre-Kollegen freut sich zumindest der Autor anlässlich des Portishead-Festivals im Dezember. Allen zarten Pop-Seelen und harten Metal-Puristen, die Song-orientiertere Produktionen bestehend aus Strophe und Refrain vorziehen, sei geraten: Finger weg. Reinhören und Livedaten checken könnt ihr hier. (w) Tracks:
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