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Interview mit Lunik

Die dritte Raumsonde Lunik zeigte vom Mond eine unverborgene Seite. Zeigt Euer drittes Werk auch eine neue Seite von Euch, oder ist alles beim Alten geblieben ?

Luk:Ich denke nicht, dass wir eine verborgene Seite zeigen. Wir können aber besser zu dem stehen, was wir heute toll finden. Das bedeutet aber nicht, dass wir die erste Platte nicht toll fanden. Im Gegenteil, denn das war wahrscheinlich die leidenschaftlichste Platte, welche wir produziert haben. Wir hatten nie mehr so intensiv an einer Platte gearbeitet und so viel Zeit damit verbracht wie bei Rumour. Trotzdem sind wir auf der dritten, aber auch schon auf der zweiten Platte unserer Musik näher gekommen.

War dann Rumour für Euch ein unehrliches Album ?

Luk: Nein, unehrlich war es nicht. Es war einfach noch nicht so gut wie Weather. Die Produktion von Rumour war auch ein unendlicher Prozess. Wir sassen über ein Jahr lang zu fünft in unserem Keller und kreierten unsere Musik. Das war für alle Beteiligten eine sehr intensive und schwierige Zeit. Es gingen dadurch zum Beispiel auch Freundschaften verloren. Eine solche Zeit wollte wirklich niemand mehr von uns nochmals durchmachen.

Weather hat wirklich schöne Songs. Um es aber zu meine persönliche Top-Alben zu schaffen, fehlen aber einige Tracks, welche sich vom Ganzen abheben. Habt ihr keine Angst, dass die Leute Euer Album zwar schön, aber auch ein wenig langweilig finden ?

Jaël: Weather ist eben eine Platte, in welche man sich reinhören muss. Es gibt keine einzelnen Tracks die sich vom Rest abheben, sondern Weather muss als kompaktes Gesamtwerk angesehen werden. Bei der Produktion hatten wir über 20 Songs zur Verfügung, doch danach mussten wir die Songs, welche nicht zum Rest passten, rausstreichen. Dadurch entstand die gewünschte Homogenität, welche Du vielleicht langweilig findest.

Obwohl Ihr Euch immer vom TripHop distanziert, werdet Ihr immer wieder mit TripHop in verbindung gebracht. Geht es Euch nicht auf den Keks, Euch immer wieder vom TripHop zu distanzieren und Euch neu zu definieren ?

Mats:Nein, denn diese Diskussion findet ja nie bei uns statt. Wir diskutieren unter uns nie über Musikstiele. Die Schubladisierung ist für mich sowieso nicht mehr aktuell. Aber es ist auch klar, dass Journalisten oder Platten-Shops solche Schubladen benötigen. Jedoch nehmen wir keine Stellung dazu, noch distanzieren wir uns davon. Wir machen auch nicht bewusst eine Platte, welche in eine Sparte passt, sondern machen das, was uns gefällt.

Neben vielen positiven Feedbacks auf Eurer Homepage treten mit gewisser Regelmässigkeit auch Statements von Personen auf, welche von Eurer Entwicklung enttäuscht sind. Wie geht Ihr mit diesen Fans um ? Sind Euch die jetzt egal ?

Luk: Nein, das wäre ja bitter, wenn diese uns egal wären. Es tut uns natürlich leid, wenn wir die Bedürfnisse der Fans nicht immer befriedigen können, aber wir sind halt mal keine Bedürfnis-Befriediger sondern wir sind Musiker. Und wenn ich ehrlich bin, ist es mir wichtiger, dass die Platte mir gefällt als jemand anderem.

Es geht aber auch nicht nur um die Musik, sondern auch wie Ihr Euch präsentiert. So habt Ihr meiner Meinung nach bei der letzten Platte den schrecklichsten Song Static ausgekoppelt und jetzt läuft die ganze Globi-Geschichte parallel zum Album. Ich kann mir vorstellen, dass solche Umstände viele Leute abschrecken, obwohl ihnen die Platte vielleicht gefallen würde.

Luk: Du siehst hier die Situation aber ein wenig falsch. Wir können wirklich sehr vieles selber bestimmen, vermarkten können wir uns aber wirklich nicht selbst. Globi ist wirklich ein "blöder" Zufall, dass dieser Song zur gleichen Zeit wie das Album rauskam. Eigentlich hätte dies auch zu einen andern Zeitpunkt geschehen können, und dann hätte sich niemand daran gestört. Andererseits muss man auch eingestehen, dass durch den Globi-Song neue Hörer zu uns gestossen sind, welche jetzt auch unsere Platte hören. Schliesslich gelangt man aber immer wieder an den selben Punkt: Man kann es nicht allen Recht machen.

Aber es gibt sicher auch Leute, welche Globi mega toll finden und sich dann das Album ziehen und von den melancholischen, ruhigen Tracks enttäuscht sind.

Mats: Ja das kann schon sein, aber das ist ja nichts schlimmes. Wir müssen einfach zu unserer Musik stehen können. Ein weiterer Punkt, den wir noch nicht angesprochen haben: Wir haben uns auch verändert. Als Personen haben wir uns verändert und somit auch als Band und das hat natürlich auch Einfluss auf die Musik. Mir tut es zwar leid, wenn gewisse Personen dem nachtrauern, was vor 5 Jahren war. Die Entwicklung hat aber nun mal so stattgefunden. Schliesslich verhalte ich mich im Leben auch nicht mehr so, wie ich es mit achtzehn Jahren getan habe.

Jaël: Wir versuchen wenigstens unsere Musik so zu wandeln wie wir uns wandeln. Die Musik wächst sozusagen mit uns mit, weil wir so ehrlich sind. Schlimmer würde ich es finden, wenn wir versuchen würden unseren Erfolg x-mal zu kopieren, wie das manche andere Bands tun.

Luk: Es geht einfach darum, dass wir uns von niemandem sagen lassen wollen, welche Musik wir spielen sollen. Das hat auch nichts mit kommerziell am Hut. Im Gegenteil, kommerziell wäre vielleicht wenn wir immer noch TripHop machen würden, denn dann hätten wir jetzt vielleicht viel mehr Kohle. Aber es ist ja langweilig, das ganze Leben TripHop zu produzieren. Da geht man ja fast kaputt.

Das Album wurde vom Schweden Thore Johannson produziert. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit ?

Luk: Ich kannte ihn von seiner Arbeit von The Cardigans. Ich schrieb in dann einfach mal an. Anfangs war er ein wenig skeptisch, als er jedoch unsere Musik hörte, sagte er zu.

Welcher Einfluss am Album hatte er ? Wie viel zu sagen habt Ihr noch gehabt ?

Luk: Eigentlich hatte er ganz witzige Sachen gesagt, wie: "versucht nicht immer so schön Gitarre zu spielen, versucht nicht immer so schön zu singen, denn das wird langweilig"

Also war er mehr ein Helfer ?

Luk: Genau. Die Platte haben wir zu dritt in Bern eingespielt und so ist die Platte entstanden. Zu ihm gingen wir erst mit der fertigen Scheibe und bekamen seine Inputs dazu. Zusätzlich hat er noch zwei Songs selber geschrieben.

Aber du Luk bist ja auch Produzent und man hat von Dir ein wenig das Bild des Soundtüftlers.

Luk: Falsch ! Das ist ein weitverbreitetes Irrtum. Mats ist dieser Soundtüftler von Lunik.

Ok, dann geht diese Frage an dich Mats. Schmerzt das nicht ein wenig, wenn da jemand fremdes kommt und Dir sozusagen reinpfuscht ?

Mats: Man muss da ein wenig unterscheiden können zwischen persönlichem Geschmack und Bandidentität. Mit den Jahren fanden wir heraus, dass es schlecht rauskommt, wenn jeder zu allem was zu sagen hat. Darum habe wir Verantwortungsbereiche erstellt. Beim neuen Album war Luk für die CD-Produktion verantwortlich, d.h. falls wir uns irgendwo uneinig gewesen sind, war er die letzte Instanz die entschied. So kam es dazu, dass ich meine Songversionen Luk brachte und gewisse Teile sind geblieben und gewisse sind rausgeflogen. Das ist nun mal so. Aber das höhere Ziel ist eine homogene Angelegenheit und dies ist das höhere Ziel als mein Persönlicher Geschmack. Darum gab es sicher Momente welche weh taten, weil ich geschuftet habe und am Schluss blieb nichts davon übrig. Aber es geht ja um die Band als Gesamtbild. Ob das nun mein Geschmack überall trifft, ist eine andere Frage.

Aber zufrieden mit dem Album bist du trotzdem ?

Mats: Ja ja, absolut ! Ich bin begeistert !

Ihr habt ja schon beim letzen Album mit einem aussenstehenden Produzenten gearbeitet. Da hast du Jaël mal gesagt, dass Dir diese Produktionsweise gefällt, da du neben dem Produzenten sitzen und sagen kannst, was Dir gefällt und was nicht. War dies bei Weather immer noch so ? Und hast du darum mehr Einfluss an der Platte bekommen ?

Jaël: Nein, ich hab mehr an den Umstand gedacht, dass das eigentlich nicht so meine Aufgabe ist. Wenn wir zum Beispiel im Studio sind, dann sind mehr die Jungs die Tüftler. Ich bin dann eher die Person, welche den ganzen Tag an der Sonne liegt und am Abend in den Bandraum kommt und sagt: "Es tönt scheisse" (Gelächter bricht aus) Im Ernst: ich bin eher jene, welche am Schluss mit frischen Ohren daher kommt und eine ehrliche Meinung dazu gibt. Danach tüfteln die Jungs weiter. Bei den neuen Produzenten bleibt meine Rolle aber die selbe. Ich kann sagen was mir gefällt und was nicht. Darum fällt mir dieser Prozess auch nicht so schwer wie vielleicht den Jungs, da der Produzent ihren Teil übernimmt.

Jaël, du bist sowieso die allgegenwärtige Frontfrau, Luk, Dich kennt man eben doch als Tüftler, doch Dich Mats kennt man weniger. Hast du Probleme damit oder bist du gerne im Hintergrund ?

Mats: Ja, das ist schon meine Rolle. Als ich begann zu drumen, war mir noch nicht so bewusst, dass ich dieser Typ bin. Doch mit der Zeit stellte sich heraus, dass dem so ist. Ich arbeite auch sehr gerne aus dem Background heraus. Und im ganzen Öffentlichkeitsbereich bin ich extrem froh, dass Jaël das übernimmt.

Die Tendenz ist schon da, dass du Jaël immer mehr Einfluss bekommst, wenn man mal die ganze Entwicklung von Rumour über Ahead zu Weather mal genauer betrachtet.

Jaël: Bei Rumour war das so, dass ich da reingeplatzt bin, als sie bereits ein halbes Jahr im Studio waren und alle Songs waren bereits geschrieben. Eigentlich war da ja noch ein Sänger, dessen Position ich eingenommen habe und somit keine Texte schreiben musste. Zudem war damals noch Adi mit dabei, welcher eher für die freakigen Nummern verantwortlich war und der ist jetzt auch nicht mehr dabei und darum fehlt da auch noch ein freakiger Teil. Man kann aber schon sagen, dass mein Einfluss ein Grund ist, dass es die Band in eine poppigere Richtung lenkt, schliesslich bin ich ein bekennender Pop-Fan.

Vielleicht ein wenig untypisch für eine Schweizer Band sucht Ihr den Erfolg. Auch im Ausland ...

Luk: Das wird immer wieder falsch verstanden. Da wir alle drei nun nur noch von der Musik verdienen, leben wir wirklich an einem Existenz-Minimum. Und der Erfolg wollen wir, weil wir einfach gerne auf diese Art überleben wollen. Das ist eine Art Selbsterhaltungstrieb und hat nichts mit Kommerzialität am Hut.

Jaël: Für gewisse Hobby-Bands ist es natürlich einfach zu sagen "hey, warum werdet ihr jetzt kommerzieller etc." Doch in der Schweiz muss man sich irgendwann entscheiden, ob man von der Musik leben will oder ob man daneben noch arbeiten will. Wir entschieden uns für ersteres. Wir leben alle drei nur noch von der Musik. Und wenn wir nur noch von der Musik leben, müssen wir einen Weg finden, wie wir zu dem Geld kommen. Das hat nichts mit bösen Plattenfirmen und Management im Hintergrund am Hut, wie es immer wieder behauptet wird.

Ok, ich glaube Euch schon, dass Weather für Euch ein ehrliches Album ist. Die Plattenfirma jedoch ist aber nicht an Ehrlichkeit interessiert sondern an Verkaufszahlen. Sie hat sicher auch etwas zu melden gehabt.

Jaël: Es gibt Künstler-Deals mit den Labels. Da bestimmt das Label was die Künstler singen, was sie anziehen und welche Tanzschritte sie zu bewältigen haben und bekommen dafür ihren Lohn.

Wir haben aber einen anderen Vertrag. Alles was mit Musik zu tun hat, das ganze Konzept, wie das Booklet aussieht etc. das liegt alles in unserer Hand. Wir geben dem Plattenfirma die fertige CD. Ihr Teil ist dann die Vermarktung und der Vertrieb der CD.

Nochmals zum Ausland: Welche Pläne habt ihr mit Weather ?

Mats: Wir sind im Kontakt mit verschiedenen Plattenfirmen im Ausland. Die Abklärungen dazu laufen.

Jaël, du hast mit dem Projekt Delerium die Strasse für den Erfolg im Ausland schon planiert. War der Grund für diese Zusammenarbeit auch den Bekanntheitsgrad in Übersee zu fördern, denn der Song gefällt mir ehrlich gesagt überhaupt nicht.

Jaël: Ich muss zugeben, dass ich den Namen Delerium bei der Anfrage noch nie gehört habe. Der Song gefiel mir dann aber und somit schrieb ich den Text und die Melodie dazu. Dabei entstand ein Pop-Song. Diese Trance-Version ist ein Remix und kam erst später mit der Single. Danach kam der Videodreh und erst dann begriff ich langsam, dass es sich dabei um eine grosse Sache handelt.

Ich war dann sehr überrascht als ich Fan-Mails von der ganzen Welt bekam. Delerium war aber auch so fair und hat überall Jaël (Lunik) geschrieben, so dass der Link zur Band da war. Dadurch habe wir nun tatsächlich Fans im Ausland, welche auch fragen, wieso wir in ihrem Land keinen Deal haben.

Jedes Land aber doch seine eigenen Pop-Musiker. Wäre es um den angesprochenen Deal zu bekommen nicht einfacher, wenn ihr wieder speziellere Musik wie Rumour machen würdet und somit in eine Marktlücke fallen würdet ?

Mats: Man kann sich nicht jahrelang über Theorien wie "Wenn man nun ein wenig jenen Stil einschlagen würde, dann hätte man vielleicht in "Wagadugu" mehr Erfolg" den Kopf zerbrechen. Man muss einfach das machen, was einem gefällt.

Ich denke nur mit ehrlicher Musik kann man Hörer berühren. Und nur wenn man Hörer berührt, hat man Erfolg. Somit führt nur ehrliche Musik zum Erfolg und nicht die angesprochenen Theorien.

Was wäre wenn ihr im Ausland kein Erfolgt habt und in der Schweiz auf dem Ahead-Niveau stagnieren würdet ? Macht Ihr Euch überhaupt solche Gedanken ?

Mats: Wir haben ja keinen Boss der uns Befehle erteilt. Und wenn wir nicht an uns glauben, dann würden wir das Arbeitspensum, welches wir leisten, niemals hinkriegen.

Jedoch hat jeder mal einen Moment an dem er glaubt, dass wir es nicht schaffen. In diesen Momenten ist es dann wichtig, dass wir zusammenstehen und zusammen wieder daran glauben.

Kommen die Texte eigentlich vom Herzen ? Sind diese autobiographisch ?

Jaël: Die Texte sind zu einem grossen Teil sehr autobiographisch. Aber auch Geschichten die mich sonst beschäftigen.

Das ist aber alles sehr persönlich. Hast du keine Angst, dass du für dich zu weit gehst und dich dadurch ausgelaugt fühlst, da die Hörer zuviel von Dir sehen?

Jaël: Es ist dabei schon noch schwer den goldigen Mittelweg zu finden ohne dass es gleich zum Seelenstriptease wird.
Ich hab natürlich auch noch das Privileg und kann in andere Rollen schlüpfen. Damit meine ich, dass wenn ich in der Ich-Form singe, muss es nicht zwangsläufig um mich handeln. Umgekehrt singe ich vielleicht in der dritten Person, obwohl ich mich damit meine.

"Her name"?

Jaël: Ich dachte dabei mehr an "go on"

Ich danke Euch recht herzlich für das Gespräch.

Das Interview wurde von J.Frigg geführt und wurde sinngemäss vom Berndeutsch in Schriftsprache übersetzt. Fotos: M. Maurer