Church With No Magic
Der Namenswechsel lässt nichts Gutes vermuten: Der technische Begriff Pivot wurde seiner Vokale beraubt und steht jetzt als PVT da – wie MSTRKRFT. Soll dies den musikalischen Weg von bis ins Detail durchkonstruierten, hübsch altmodisch anmutenden Tracks hin zum Grossstadtclub einleiten? Es kann entwarnt werden: Zwar wurde der durch eine Prozessandrohung einer kleinen amerikanischen Band aufgezwungene Wechsel des Namens auch zu einer Weiterentwicklung des Stils genutzt, trotzdem klingt „Church With No Magic" unverkennbar nach den Australiern.
Die markanteste Veränderung ist die nun immer wieder zum Einsatz kommende Stimme von Richard Pike. Allerdings ist der Übergang von instrumentalen Tracks zu der Verwendung von Vocals bei genauerer Betrachtung kein allzu grosser. Die Stimme wird als ein Instrument unter vielen verwendet, wobei sie, dies ist wohl unumstritten, die Musik zugänglicher macht und Menschen, die aus Gewohnheit Melodien vor allem in der Gesangsspur zu entdecken suchen, diese eher finden lässt. Vorhanden waren hübsch geschriebene Melodiepassagen im Kosmos von Pivot aber schon immer. Allerdings dient der Gesang zum Teil auch als Verstärkung des Rhythmus, wenn dieser wie zum Beispiel bei „Window" zu stolpert beginnt und gar ins Stottern gerät.
Geblieben vom letzten Album ist die Liebe zu Synthie-Klängen, welche sich an Soundtracks aus den Achzigern à la Blade Runner orientieren, und jeweils ganz knapp nicht kitschig wirken. Auch den Hang zu verwinkelten Konstruktionen wie bei den Labelkollegen der Battles ist noch immer zu erkennen. Typisch für das Album ist der Titel „Crimson Swan", welcher mit sakralem Gesang und tiefen, verzerrten Gitarrenklängen beginnt und dann in eine krautige Synthie-Motorik-Passage übergeht, die sehr an Geoff Barrows aktuelle Musik für The Horrors oder Beak> erinnert, sich aber immer mehr euphorisiert und gar teilweise nach Moby klingt.
Die beiden Hits des Albums „Window" und „The Quick While", zweiteres schon länger bekannt vom Sampler „Warp 2010", liegen in der Mitte des Albums. Dies ist sicher kein Zufall, nimmt doch die Intensität zuerst stetig zu, um dann wieder gemächlich abzunehmen. Zwar sind die beiden Tracks nicht unbedingt die besten, aber mit grosszügiger Verwendung von Stimme und Pop-Einflüssen sicher die zugänglichsten. Es erstaunt doch sehr, wie ein eigentlich wirklich komplexer und teilweise beengend wirkender, mit verwinkelten Rhythmen bestückter Titel wie „Window" sich einfacher zum Ohrwurm zu entwickeln vermag als ein beliebiger Song von La Roux oder Lady Gaga.
Der stärkste Titel ist aber wohl „Timeless", der den Hörer auch wirklich jedes Zeitgefühls beraubt. Allerdings muss er sich wohl vorwerfen lassen, dass die Synthiemelodie doch sehr nach „Sea Within A Sea" von The Horrors klingt. Auch eine Prise Portishead ist zu entdecken. Die Ähnlichkeit zu Barrows neuesten Projekten kann man PVT aber wohl nicht wirklich vorwerfen. Vielmehr beziehen sich beide auf ähnliche Vorbilder, insbesondere auf Krautbands wie Neu!
„Church With No Magic" ist der Tarantino unter den Alben 2010: Voller Anspielungen und gekonnter Huldigungen und unglaublich leicht klingend, obwohl eine komplexe Grundstruktur zu Grunde liegt und jeder Ton gekonnt platziert wurde.
(as)
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