Konzertbericht: Cluster, Welttraumforscher, Papiro @ Shift Festival Basel 24.10.2009

Der Samstag am diesjährigen Shift Festival konnte nach dem Freitag mit Kieran Hebden und Steve Reid erneut mit Legendärem aufwarten. Das diesjährige Motto “Magic. Übersinnlichkeitsvermutungen und Technologiebeschwörungen” bot natürlich Raum für allerlei Sphärisches, Mystisches und Unheimliches aus der ganzen Welt der elektronischen Musik.

Die Musikalische Eröffnung des zweiten Abends wurde vom Basler Papiro gestaltet. Die zwei Gäste auf der Bühne bedienten mehrheitlich digitale Geräte, aber Papiro selbst scheint sich der analogen Technologie verschrieben zu haben. So sieht man dem Gerät mit der geöffneten Rückwand, welches von ihm bedient wird, auch an, dass es eher schon ein älteres Semester ist: Holzverkleidung, eine Bauform wie ein Computer aus den 1960er-Jahren und noch sichtbare Elektronikbauteile. Musikalisch spielte Papiro einen einzigen “Track”, der sich aus einem sehr gemächlichen Start langsam steigerte. Nach ein paar Minuten war die Musik soweit gewachsen und gediehen, dass es langsam wie David Bowmans Reise durchs Sternentor klang: In Lichtgeschwindigkeit durchs All schiessen, währenddem rundherum alles langsam verschwimmt. Bis dann die Bremse gezogen und die ganzen Maschinen herunterfahren wurden. Später ging es über in Unterwassermusik, dann Urwaldgezirpe mit Vogelgezwitscher. Das ganze Konzert also von gehetzt bis gespannt, leise bis sehr laut: sehr interessant.

http://www.papiro.ch

Einiges schwieriger einzuordnen war die Band Die Welttraumforscher. Schon bei der Abkürzung WTF, die sowohl auf der Website wie auch am Konzert immer wieder zu lesen war, weiss man nicht genau, ob dies ironisch gemeint ist. So hält es sich mit vielen Elementen der Band, z.B. mit den kindlichen Visuals (liebevoll gezeichnete Comics wechselten sich mit schon beinahe trashigen Collagen und manchmal relativ miesen und kitschigen Computergraphiken ab) und den teils ein wenig naiven Texten und Melodien. Der scheinbar sehr fleissige Zürcher Musiker Christian Pfluger (auf der Website der Band finden sich dutzende Releases) liess grosse Teile der Musik ab Band oder von einem Sequencer spielen, und trug jeweils die Melodien auf dem Keyboard, dem Xylophon oder der Melodika bei. Unterstützt wurde er von Roland Strobel, welcher neben den oben genannten Instrumenten hin und wieder noch zum Akkordeon griff. Bei einigen Songs war auch noch Pflugers Gesang zu hören, dieser ebenfalls sehr bunt und passend zu den Comic-Visuals. Musikalisch bewegte sich das ganze irgendwo zwischen Krautrock bzw. -pop, Kraftwerk und Kinderliedern. Man konnte die ganze Performance kaum einordnen und wusse wie schon erwähnt nie ganz genau, was jetzt ernst gemeint war. Dennoch: Nicht nur dem kleinen Jungen, der nebenan sass, hat die ganze Show gefallen, sie hat wirklich auf ihre Art Spass gemacht.

Zum Reihnören hat es einige MP3s auf der Website zum Runterladen:
http://www.diewelttraumforscher.ch

Die Geschichte der dritten Band des Abends ist beeindruckend. Fast vierzig Jahre dauert sie und beinhaltet Pionierarbeit im Bereich Krautrock, Elektronik und Ambient. Neben etlichen Alben gab es auch Kollaborationen mit Brian Eno oder Holger Czukay von Can. Für das Konzert am Samstag des Shift Festivals konnten die beiden Cluster-Mitglieder Dieter Moebius und Hans-Joachim Roedelius auch noch die Österreicherische Theremin-Spielerin Dorit Chrysler gewinnen, welche das Festival schon am Donnerstag eröffnet hatte (diese Zusammensetzung gab es übrigens auch schon mal 2007 in der Dampfzentrale Bern). Die Musik verhielt sich dann jedoch ein wenig wie die Visuals an der Leinwand im Hintergrund: Ein schönes Ferienhäuschen irgendwo in Italien, die Blätter wiegen sich im Wind und ab und zu geht der Bewohner des Häuschens vorbei. Die Musik also viel Ambient, gezirpe, arhytmische Clicks und Geräusche, hie und da ein kleiner Ausbruch, aber nicht allzuviel Abwechslung. Es erinnerte ein wenig an das Ambient-Album Music For Artificial Clouds der Young Gods. Mit dem erneuten Auftritt von Dorit Chrysler konnten dann auch noch jene Neugierigen, die in der Zeitung von ihrem Eröffnungsauftritt gelesen hatten und deshalb nochmal hier waren sehen, wie man dieses sonderbare Instrument fachgerecht spielt. Aber davon abgesehen war der ganze Auftritt der beiden Pioniere wohl entspannt, aber ein auch ein wenig monoton.

http://www.myspace.com/theonlyclusterthatmatters

Weitere Konzertbilder und Bilder vom Festival gibt’s im Blog:
Freitag / Samstag

http://www.shiftfestival.ch

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