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Review: The Cinematic Orchestra

 Live at the Royal Albert Hall

(08.04.08 / Ninja Tune)

Das ganze Setup lässt höchste Qualität vermuten: Eine lange nur in Insider-Kreisen bekannte, meist hochgelobte Jazz / Electronica-Band engagiert sich das 24-Köpfige Heritage Orchestra, lädt Gastsängerinnen und Gastsänger wie Heidi Vogel, Lou Rhodes, Grey Reverend und Originalmitglied der Band Patrick Carpenter an den Turntables ein, und wählt sich als Venue die altehrwürdige Royal Albert Hall in Kensington, London. Das Konzert muss wirklich einmalig gewesen sein, wenn man den Bericht von fernandonz (siehe Link unten) und dessen Konzertbericht liest. Auf den Fotos im Bericht kann man da nun auch sehen, woher das Coverphoto stammt: Es handelt sich um die Deckendekoration und -beleuchtung in der Halle.

Nun erscheint von ebenjenem Konzert in der Royal Albert Hall das erste Live-Album von The Cinematic Orchestra - somit sicher eine würdige Aufnahme, um auf einen Tonträger gebannt zu werden.

Und dennoch könnte sich beim ersten Durchhören eine kleine Ernüchterung bei all denjenigen anbahnen, die es mögen, wenn eine Band bei Liveversionen mit ihren Songs experimentieren. Im ersten Augenblick klingt soweit alles sehr originalgetreu, beinahe wie auf dem Album. Zwar wurde beim Eröffnungsstück "All That You Give" der Gesangspart, im Original von Fontella Bass, durch Heidi Vogel verkörpert, doch klingt der Gesang wie auch der Rest des Arrangements sehr Albumgetreu. Wer aber trotzdem weiterhört, wird gegen Ende des Stückes ein sehr schönes Sopransaxophon-Solo entdecken.

Somit findet man auch schon den Live-Stil dieses Albums heraus: Auf grosse Variation auf die Originale wurde verzichtet (bis auf eine Ausnahme), dafür wurden die Songs durch die lebendige Orchestrierung anstatt Samples und hinzugefügte Parts wie Soli von gewissen Instrumenten neu Akzentuiert. Man muss also ins Detail gehen, um jene Akzente zu erfassen. Nicht wirklich beschreiben lässt sich natürlich die Dynamik, die eine Live-Aufnahmen verglichen mit einer Studioversion hat, welche - insbesondere beim Jazz - einfach mehr Drive hat.

"Child Song" (interessant für all jene, die sich nicht die Vinyl- oder UK-Edition von Ma Fleur ergattern konnten, den der Song ist auf der normalen Edition nicht vorhanden), folgt dann auch wieder mit ausladenden Tenorsax-Solo. "Flite" auf der anderen Seite wird anstatt mit Hamond mit Posaunen und leicht angezerrter Gitarre gespielt.

Aber als einzige und grösste Abweichung zur Albumversion ist die Akkustikversion von "To Build A Home", gespielt von Grey Reverend, welcher ähnliche Versionen scheinbar schon auf der Single von "To Build A Home" geliefert hatte. Was zu Beginn ein wenig billig klingt, ist nach einigen Hördurchgängen doch noch sehr schön, vor allem wenn gegen Schluss das ganze Orchester einsetzt.

Nach "Breath", mit einer Gesangsstimme, die leider nicht ganz so nach Marlena Shaw klingt wie jene im Original auf Ma Fleur, kommt mit "Man With A Movie Camera", dem einzigen Stück vom gleichnamigen Album, mit über 14 Minuten auch das längste Stück dieses Albums. Für alle Experimentaljazz-Freunde: In der Mitte des Stückes befindet sich ein Drum- sowie ein sehr eigentümmliches, gut 4 Minuten langes Saxophonsolo.

Mit Louise Rhodes wurde die interessanteste Gaststimme bis zum Abschluss des dem Album aufgespart. Doch auch "Time And Space" klingt sehr Originalgetreu, einfach dass Lou ihren Text mit sehr viel mehr Nachdruck singt, wie sie dies auch schon mit Lamb live immer getan hat. Dennoch ist der Track ein sehr schöner Abschluss für dieses doch sehr hörenswerte Album.

Somit ist die Bewertung des Albums eigentlich dem Leser dieser Zeilen selbst überlassen. Es leuchtet ein, dass man mit einem 24-Köpfigen Orchester keine grossen Liveimprovisationen durchziehen kann. Trotzdem wurden die Stücke hie und da ganz fein neu istrumentiert oder gelegentlich ein Solo eingebaut, so dass es auch neben dem sehr lebendigen Sound und den Gastmusikern immer noch sehr viel zu entdecken gibt.

(grid)

Links:

Band: www.cinematicorchestra.com
Konzertbericht: http://fernandonz.wordpress.com/

Tracks:
  1. All That You Give
  2. Child Song
  3. Flite
  4. Familiar Ground
  5. To Build A Home
  6. Prelude
  7. Breathe
  8. Man With A Movie Camera
  9. Time And Space
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