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Review: Lamb

 Lamb

(30.09.96 / Mercury)  

1996 war das Jahr der Bandgründung und Veröffentlichung des Debüt-Albums von Lamb. Zu diesem Zeitpunkt war die ganze Bristol-Szene um Massive Attack und Portishead zwar schon recht etabliert. Ein Blick auf die Charts aus dieser Zeit zeigt jedoch, dass damals einerseits keine bestimmte Stilrichtung vorherrschend war (ausser den im Zerfall begriffenen Boygroups vielleicht), und andererseits (oder deshalb) relativ viel Platz für neue Stilrichtungen, Strömungen und Bands zur Verfügung stand. Und was Lamb mit ihrem selbstbenannten Debüt-Album brachten war vielleicht nicht neu, aber aufregend, kompromisslos und zusammen mit ihrem zweiten Album Fear of Fours wohl ihr bestes Album insgesamt.

Und gleich zum Beginn des Albums wird die Kompromisslosikeit augenscheinlich. Tracks wie "Lusty" oder "Cotton Wool" zerhacken die Musik derart in ungeraden Beatabschnitte, dass nur Louise Rhodes' Gesang die Brücke über die verschiedenen Takte schlagen kann. Und gerade bei "Lusty" sind nicht nur die einzelnen, beinahe willkürlich angeordneten Drum'n'Bass-ähnlichen Beats sehr einen, der ganze Song ist in 7/8 getaktet. Das, zusammen mit den eher breiten Streicher-Samples macht "Lusty" zugleich entspannt und gehetzt. Und bei "Cotton Wool" hat die Drum-Section scheinbar die Aufgabe, jegliche Ordnung aus dem Song zu entfernen (entgegen den meisten anderen Songs, bei welchen Drums etc. die Ordnung erst herstellen). Zusätzlich exzentrisch wird der Song mit den speziellen Akkorden, welche im mehrstimmigen Gesang verwendet werden und dem Kontrabass. Diese Competition zwischen harten Beats und Gesang bringt dann auch der drittletzte Track "Closer" wieder .

In die beiden Songs "Lusty" und "Cotton Wool" eingebettet wirkt der Rhythmus von "God Bless", trotz Breakbeat, wieder sehr gerade und normal. Man kann beim Hören von diesem Song, mit seiner Verwendung von Streichern und Kontrabass zusammen mit der Elektronik, dann auch vermuten, was später Live und in den Soloprojekten von Lou Rhodes wiederkehrte. Nicht zuletzt durch den Einsatz vom "organischen" Kontrabass und Akustikgitarre erhielten die Livekonzerte diesen Druck und die Stimmung. Ein ähnliches Setup ist später auf dem Album mit "Gold" zu hören.

"Trans Fatty Acid" verwendet in dieser Albumversion ausser der Stimme keine anderen melodiebildenden Instrumente. Nur begleitet von Drumloops und einigen Synthie-Klängen muss Lou die Melodie durchbringen. Erst mit dem Remix von Kruder & Dorfmeister, welcher das Original wohl übertrifft, kommt die melodiöse Unterstützung für die Stimme, in Form von einer schönen Jazz-Orgel. Dieser Remix war unter anderem auf der Single von "Górecki", auf dem Best-Of-Sampler Sweet und auf dem Sessions Doppelalbum von K&D zu hören.

Doch Lamb konnten auch schon auf ihrem Debüt-Album ruhig, zurückhaltend und intim werden. Für "Zero" genügen neben der Stimme zwei Streicher, genauer gesagt zwei Cellos. Gearbeitet wird lediglich mit dem Unterschied von gezupften oder gestrichenen Klängen in den Strophen und dem relativ lauten und intensiven Ausbruch des Cello-Duos im Refrain.

Der Höhepunkt des Albums ist dann "Górecki", mit welchem Lamb auch die insgesamt höchste Chartplatzierung schafften. Dieses, nach dem Polnischen Komponisten Henryk Górecki benannten und von dessen "Symphony of Sorrowful Songs" inspirierte Stück ist wohl auch an Konzerten das meist gewünschte und gefeiertste, bei welchem es sich Andy Barlow meist nicht nehmen lässt, die Djembé-Trommel in die Hände zu nehmen und wild den Beat zu hämmern.

Mit "Feela" gelingt dann der ruhige Abschluss des Albums, nur mit Piano, Cello und den Textzeilen "Tell me something more / Tell me something more worth living for". Wer sich mit diesen Klängen und Zeilen in den Schlaf wiegen lässt, könnte jedoch mit einigen Versionen des Albums noch eine Überraschung erleben, denn bei diesen erscheint nach einigen Leer-Minuten noch der wiederum sehr bewegte Fila Brazilia Remix von "Cotton Wool".

Allein schon die Anzahl der Remixes lässt darauf schliessen, wie viel Einfluss dieses Debüt-Album auch bei anderen Musikern hatte. So gibt es neben dem vorher genannten Fila Brazilia Remix von "Cotton Wool" auch noch einen A Guy Called Gerald Mix, des weiteren "God Bless (Wagonchrist Mix)", "Gold" im Mr Scruff Mix und Autechre Mix oder "Gorecki (Global Communication Mix)", um einige zu nennen. Wahrlich ein Klassiker.

(grid)

Tracks:
  1. Lusty
  2. God Bless
  3. Cotton Wool
  4. Trans Fatty Acid
  5. Zero
  6. Merge
  7. Gold
  8. Closer
  9. Gorecki
  10. Feela
Bewertung (info):



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Kommentar von marie am 12.08.2003
sehr gute cd !!!!

marie's Bewertung von Lamb: keine

Kommentar von resi am 11.12.2003
ein muss für jeden trip hop hörer

resi's Bewertung von Lamb: keine



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