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Review: Amire

 Turning Point

(21.03.09 / Lautstark Music)    

Die Schweiz ist ja bekanntlich nicht mit rauhen Mengen an ausdrucksstarken Sängerinnen gesegnet. Um so erfreulicher ist es, wenn man eine CD in die Finger bekommt, bei der man nach dem ersten anhören ziemlich schnell zu dem Schluss kommt; diese Frau kann singen! 

Amire überrascht auf ihrem Erstlingswerk mit einer abwechslungsreichen Mischung aus Soul, Jazz und Trip-Hop, frisch aufgerührt von Jeannot Steck (Programming), der das Album produzierte. Zusammen mit einer illustren Gruppe von Gastmusikern wird hier eine facettenreiche, vielseitige Produktion abgeliefert.

Als prägende Einflüsse ihrerseits nennt Amire Hippie-Legende Janis Joplin, die Trip-Hop/Dance Headliner Faithless und die französischen Elektro-Könige Daft Punk. Diese Einflüsse konnte ich beim durchhören zwar nicht heraushören, dafür sind mir Namen wie Joss Stone, Brand New Heavies, Lunik, Dido, Gigi Moto oder Alicia Keys (mit deren Song "Fallin" konnte Amire laut Info-Site die Studio Crew von ihren Gesangsqualitäten überzeugen) in den Sinn gekommen. Was vor allem überzeugt ist die Vielseitigkeit, mit der Amire ihre Stimme einzusetzen weiss. Von fast gehauchten Songs bis zu rockigen Parts vermag sie eine äusserst grosse Bandbreite abzudecken.

Als Einstieg wird man mit einer klassischen Soul-Ballade ("Through Lauras Eyes") verwöhnt. Diskret wird man an den Song herangeführt; selbst die Stimme bleibt lange ein eher filigran, schwebender Teil des Songs. Nach einer Weile beginnt sich der Song zwar zu verdichten und wird intensiver, um sich dann aber sofort wieder zurückzunehmen.
Der nächste Song ("Never Say No") entpuppt sich da als das pure Gegenteil. Im Stile einer Joss Stone oder der Brand New Heavies wird moderner Nu-Soul geboten. Die Maschinen grooven, die Synthesizer knarzen im analogen Stil und Amires Stimme wird intensiver und souliger.

Beim dritten Song ("Space Traveller") vollzieht sich bereits wieder ein Genre-Wechsel. Hier wendet sich der Sound Richtung Trip-Hop. Das ganze Ambiente wird ins Halbdunkel verlegt; die Akkorde und Beats werden schwerer und es öffnen sich sphärische Weiten.

In den nächsten Songs ("Turning Point" und "Hours To Breathe")  wird dem Genre treu geblieben und es beginnt sich langsam ein roter Faden durch das Album zu ziehen. Es handelt sich bei allen um gut produzierten Trip Hop, der die stimmlichen Qualitäten Amires herauszuheben vermag, ohne überproduziert zu wirken. Hier wurde mit Liebe zum Detail gearbeitet. Vor allem die Vocal-Arrangements setzen quer durch die Ganze CD immer wieder schöne Akzente.
Sobald man sich aber an die neue Gangart gewöhnt hat, wird man auf ein Neues überrascht. Statt in der gleichen Spur zu fahren, wird wieder das Gleis gewechselt. Hier ("You Baby You") wird plötzlich rauchiger -  morgens um Fünf - ja, ich bin verliebt und denke nur an Dich - Sehnsuchts-Bar-Jazz in Trio Formation geboten. Man setze sich dazu bei Sonnenaufgang vor das Bild Night Hawks von Edward Hopper und sauge die Atmosphäre in sich auf. Das klappt ziemlich gut.

Nach diesem kurzen Exkurs in den Jazz, der gesanglich ebenfalls problemlos gemeistert wird, kommt man dann wieder zurück auf gewohntere Pfade. Schwer ziehen sich anfangs die Streicher dahin, leicht atonal folgt das Klavier, die Stimme schwebt irgendwo dazwischen und irgendwann folgt noch das Schlagzeug. Das zusammen produziert am Ende leider den schwächsten Song ("Listen To My Heart") auf dem gesamten Album. Es bleibt leider bis zum Schluss eine banale Pop-Ballade.

Nach diesem Umweg reiht sich der nächste Song ("Still Sad") wieder in die Reihe der sphärisch, schwebenden Stimmungsbilder zwischen Regentag und aufreissender Wolkendecke ein.
Um den Soul nicht ganz zu vernachlässigen wird als nächstes ("A Love We Can’t Deny") mit einer 6-köpfigen Band Spannung auf die Nerven ausgeübt. Dauert es doch ziemlich lange bis sich aus einer filigranen 3/4–Takt Nummer eine dichte, swingende Soul-Ballade mit äusserst gelungenen Vocal-Arrangements entwickelt. Ich finde aber, dass sich das Warten auf jeden Fall lohnt.

Da Abschied bekanntlich schmerzt, singt Amire auch nicht freudig dem Ende der CD entgegen, sondern nimmt uns klanglich noch einmal mit in ferne, halbdüstere Welten. Leicht entrückt schliess das Erstlingswerk der Zürcherin mit zwei anfänglich ruhigen Nummern ab. Während sich das eine jedoch noch zum gitarrengeladenen Rock-Song ("Misunderstood") aufbäumt und der "von Rohr'schen"-Forderung nach "meh Dräck" nachkommt, lässt uns der finale Track ("Life, End, Silence") einsam und allein zurück. Hier wird das musikalische Ende elektronisch-düster eingeleitet und bis zum Finale durchgezogen... fertig, aus!

(twintip)

Reinhören kann man hier.

Tracks:
  1. Trough Laura's Eyes
  2. Never Say No
  3. Space Traveler
  4. Turning Point
  5. Hours To Breathe
  6. You Baby You
  7. Listen To My Heart
  8. Still Sad
  9. A Love We Can't Deny
  10. Misunderstood
  11. Life, End, Silence
Bewertung (info):



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Kommentar von Karin Meier am 18.05.2009
Traumhaftes Album, bin restlos begeistert!

Karin Meier's Bewertung von Turning Point:



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Amire
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